Backtage wir vor 100 Jahren - die BKZ berichtet

Viel Zeit und harte körperliche Arbeit fließen in Brote und Butter

Fast 24 Stunden mussten die Brote in den Gärkörbchen „gehen“, denn die Mentalität für „schnell, schnell“ gab es vor 100 Jahren noch nicht und ebensowenig die Möglichkeiten dafür. Im und um das Heimatmuseum konnte man den jungen Leuten also bei den verschiedensten Arbeiten zusehen.

Der Tag eins gehörte zunächst dem Blick in die Geschichte des Bize und des Museumsgebäudes, das noch bis 1983 (unter anderem ohne warmes Wasser und WC) von Frieda Heller bewohnt wurde. Im Dorf war die Kriegswitwe allseits als Tante Frieda bekannt. An ihren beiden Backtagen konnten die Gymnasiasten – deren Handys zur Freude der Organisatoren größtenteils in den Taschen blieben – nun sehr konkret nachvollziehen, was es bedeutete, noch vor etwa 40 Jahren auf einem mit Holz befeuerten Eisenherd zu kochen: Sie rösteten frisch geerntetes Wegwartenkraut, aus dem danach ein früher weitverbreiteter Kaffee-Ersatz, den man Muckefuck nannte, gebrüht werden sollte.

Auf einem mit Holz befeuerten Eisenherd werden Kräuter geröstet.

Schon das Kneten des Brotteigs nötigte den vorwiegend weiblichen Teilnehmenden großen Respekt ab. Mit viel Gefühl und Liebe habe es zu geschehen, bis die Arme wehtun, wusste Irmgard Hestler zu veranschaulichen, und die Schülerinnen Betul Gürman und Noor Sultan lächeln bestätigend. Sie finde es „spannend, wie die damals gearbeitet haben“, meint eine von ihnen und die Freundin ergänzt: „Ich finde auch, es hat eine gewisse Ästhetik.“

Kräftezehrende Arbeit für etwas Butter

Vorab hatten sie bereits mit einem alten Flegel Weizen gedroschen und das Korn von Hand gemahlen – alles kräftezehrende Arbeiten, die heute von modernen Maschinen abgenommen werden. Gleiches gilt für die Herstellung der Butter in einem Butterfass. Sie hätten eine halbe Stunde lang gekurbelt, berichten einige Teilnehmerinnen. Die Zeit sei endlos erschienen, bis es dann auf einmal ganz schnell ging.

Ausgestattet mit Einblicken in die Welt der heimischen Kräuter, die Manuela Stricker als Urenkelin eines der letzten Bewohner des Museumsgebäudes und Kräuterpädagogin gewährt hatte, verfügten die Teilnehmenden über beste Voraussetzungen für die Herstellung von Kräuterbutter und Kräutersalz. Die duftenden Pflanzen wurden unter anderem im Museumsgarten geerntet, und auch der frische und wunderbar aromatische Schnittlauch für den Salzkuchen kam von dort.

Blieb nur noch, die Vorbereitungen für das „Einschießen“ der über 20 Brote aufmerksam zu verfolgen. Herbert Häußer, der seit 1987 Brot mit Schülern beziehungsweise Familien backt, bezeichnete es als große Kunst, das Feuer zu machen. Man müsse es herunterbrennen lassen, und die Glut müsse einschmelzen, damit die Hitze ins Gemäuer gelangen kann. Erst dann holt man die Glut mit einem Eisenschieber (Schwäbisch: Gruggl) heraus und das Brot kommt rein. Als es „eingeschossen“, also mit einem Holzschieber schwungvoll in den Ofen befördert wurde, lernten die Jugendlichen, dass man „da nix anders nebenbei machen“ kann, denn: „Man muss das Brot backen, wenn der Ofen heiß ist.“ Da müsse es schon mal schnell gehen. Bize-Lehrer Volker Knecht, der selbst mit Hand anlegte und offensichtlich nicht zum ersten Mal Brotteig knetete, konnte dies nur bestätigen: „Im Schwäbischen heißt’s ja oft ‚no ned hudla‘, aber am Backofen ist’s umgekehrt, da muss man ‚hudla‘.“

Zum Abschluss wird das selbst gebackene Brot auch gegessen

Weitere Arbeiten wie das Spinnen und Weben oder Werkeln in der Werkstatt kamen ebensowenig zu kurz wie das Ausprobieren von Kinderspielen vergangener Zeiten. So versuchten sich manche Schülerinnen am Spechten, von einigen Schwaben auch Spickeln genannt, oder am Dopfen und Stelzenlauf. Nicht zuletzt gab es die Möglichkeit, über eine von Studenten der Ludwigsburger PH entwickelte App eine „Diktatour in die braune Vergangenheit“ zu unternehmen. Auch dieser Aspekt lokaler Historie ist Jürgen Hestler als Vorsitzendem des Heimatvereins enorm wichtig. Die abschließende Brotzeit mit frischem Salzkuchen, selbst gebrühtem Muckefuck und Kräutertee sowie Kräuterbutterbrot hatten sich alle verdient. Die Lehrerin Anne Land zeigte sich ebenso begeistert wie die anwesenden Zehnt- und Elftklässler. Was Jürgen Hestler und sein Team hier auf die Beine gestellt haben, sei „echt klasse“, so die Lehrerin.

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